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SAIB übernimmt Nachlass von Prof. Peter Färber (1938-2023), Professor für Architekturzeichnen und Raumgestaltung (1983-2001)
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Stegreif #08 - 30 Stunden Flagge zeigen
Stegreif #08 - 30 Stunden Flagge zeigen
(english version below)
Als Begleiterscheinung des sich erhitzenden politischen Klimas werden deutschlandweit vermehrt Debatten über die Beflaggung vor öffentlichen Gebäuden geführt. Parlamente, kulturelle Einrichtungen und Universitäten zeigen nationalstaatliche Flaggen, um die Solidarität der jeweiligen Institution mit Parteien in militärischen Konflikten zu äußern, goldene Fahnen, um sich als ‚die Vielen‘ für den gesellschaftlichen Zusammenhalt einzusetzen, oder pride flags, um sich zu einer diversen Gesellschaft und der Teilhabe marginalisierter Gruppen zu bekennen. Letztere scheinen aus konservativen und rechtsextremen Kreisen besonders missbilligt zu werden. Die vorgebrachten Argumente sind unterschiedliche: manchmal werden rechtliche Argumente genannt, manchmal wird die Relevanz öffentlicher Einrichtungen, sich zu Diversität zu bekennen, in Zweifel gezogen, und manchmal werden diverse Lebensstile abgelehnt. So wird vornehmlich das Hissen von pride flags von Politiker*innen kommentiert, Einsprüche auf rechtlichen Wegen angekündigt, oder die Flaggen niedergerissen, beschädigt, und wie kürzlich in Neubrandenburg durch nationalsozialistische Symboliken ausgetauscht.¹
Auch an der TU Braunschweig kam es zu einem Vorfall. In der Nacht zum 5. August 2023, am Wochenende vor dem Christopher-Street-Day—einem Tag, an dem seit den 1970er Jahren den Widerständen queerer Gemeinschaften gegen Diskriminierung, Verfolgung und Repressionen gedacht wird— wurde die pride flag vom Fahnenmast auf dem Universitätsplatz gestohlen und zerstört. Das Präsidium und der Senat der TU Braunschweig stehen weiterhin zu der Beflaggung, die der Präsidentin Angela Ittel nach für mehr stehe als nur „sexuelle Vielfalt, sondern für den Mehrwert von Diversität in der Wissenschaft generell und die Vielfalt der wissenschaftlichen Denkschulen“.² Auch weiterhin ist deswegen eine Regenbogenflagge auf dem Universitätsplatz zu sehen. Zu den jährlich stattfindenden Diversity days wird die Regenbogenflagge durch die Progress pride flag, die von Valentino Vecchietti im Jahr 2021 entworfen wurde, ersetzt.
Dennoch geben die aktuellen Debatten und Aktionen Anlass für viele Gedanken: Welche Flaggen werden außerhalb von Gedenk- und Feiertagen, an denen die Beflaggung vor öffentlichen Einrichtungen durch Europa-, Bundes- und Landesflagge vorgeschrieben ist, gehisst? Was verbirgt sich hinter den Bräuchen, Stoffe vor öffentlichen Gebäuden aufzuhängen? Wer wird einbezogen durch die Hängung von welchen Symboliken und wer davon ausgeschlossen? Welche tieferen Konflikte über Gesellschaftsvorstellungen werden ausgetragen, wenn diese Stücke Stoff Reaktionen wie die oben beschriebenen auslösen? Welche Ideale von Gesellschaft werden durch diese öffentlichen Hinweise ausgedrückt? Gibt es andere Ideale oder Symbole, die an ihrer statt oder neben ihnen ausgedrückt werden? Was sagt das Flaggen über Formen der Governance aus, wenn damit institutionelle Interessen, Ansichten, und Ideologien auf individuelle, unter Umständen abweichende Interessen treffen? Wer identifiziert sich mit den Flaggen, sei es die europäische, die schwarzrot-goldene, die niedersächsische, die der TU Braunschweig, oder einer pride flag und wer nicht?
Im Kontext von Diskussionen über das Recht auf Stadt für alle, fordert der Stegreif Sie auf, eine Flagge zu entwerfen, die ein nach Ihrer Ansicht wichtiges Anliegen repräsentiert. Wie sieht eine Flagge aus, die anstelle oder neben anderen Motiven vor öffentlichen Gebäuden wie der Universität gehisst werden könnte? Der Entwurf kann sich einer konkreten Forderung widmen oder Ausdruck einer spekulativen Gesellschaft sein.
Die Aufgabenstellung finden Sie in der PDF-Datei im Anhang weiter unten.
Accompanying the increasingly heated political climate, there are growing debates across Germany about the flags raised in front of public buildings. Parliaments, cultural institutions and universities display national flags to express the solidarity of the respective institution with parties in military conflicts, golden flags to stand up for social cohesion as ‘the many’, or pride flags to commit to a diverse society and the participation of marginalised groups. The latter seem to be particularly frowned upon in conservative and far-right circles. The arguments brought forward vary: sometimes legal arguments are cited, sometimes the relevance of public institutions to embrace diversity is questioned, and sometimes diverse lifestyles are rejected. The hoisting of pride flags is predominantly commented on by politicians, objections are announced by legal means, or the flags are torn down, damaged and, as recently in Neubrandenburg, replaced by national socialist symbols.¹
There has also been an incident at TU Braunschweig. On the night of 5 August 2023, the weekend before Christopher Street Day—a day on which the resistance of queer communities against discrimination, persecution and repression has been commemorated since the 1970s—the pride flag was stolen from the flagpole on University Square and destroyed. The Presidential Office and the Senate of TU Braunschweig continue to stand by the flag, which, according to President Angela Ittel, stands for more than just “sexual diversity, but for greater added value of diversity in science in general and the diversity of scientific schools of thought”.² It is for this reason, that a rainbow flag can still be seen on University Square. For the annual Diversity Days, the rainbow flag is replaced by the Progress pride flag, which was designed by Valentino Vecchietti in 2021.
Nevertheless, the current debates and actions give rise to many thoughts: What flags are hoisted beyond memorial days and national holidays, when the display of flags in front of public institutions is regulated by European, national and state flags? What lies behind the custom of hanging fabric in front of public buildings? Who is included by the display of which symbols and who is excluded? What deeper issues about societal ideas are being carried out when these pieces of fabric trigger reactions such as those described above? What ideals of society are expressed through these prominent signs? Are there other ideals or symbols that should be expressed in their place or alongside them? What does the act of hoisting a flag say about forms of governance when institutional interests, views, and ideologies meet individual, possibly divergent interests? Who identifies with the flags, be it the European, the blackred- gold, the Lower Saxony, the TU Braunschweig, ora pride flag, and who does not?
In the context of discussions about the right to the city for all, this Stegreif asks you to design a flag that represents what you consider to be a matter of concern. What would a flag look like that could be flown in front of public buildings such as the university instead of or alongside other motifs? The design can be dedicated to a specific demand or be an expression of a speculative society.
Please find the assignment within the PDF file attached below.
1 Eike Moldenhauer und Lisa Gutzat, „Hakenkreuz statt Regenbogenflagge: Entsetzen in Neubrandenburg“, Nordkurier, 13. August 2024, https://www.nordkurier.de/regional/neubrandenburg/ns-symbol-statt-regenbogenflaggeentsetzen-in-neubrandenburg-2795424
2 Joschka Büchs, „Regenbogenflagge: Präsidentin der TU Braunschweig äußert sich“, Braunschweiger Zeitung, 9. August 2023, Interview, https://www.braunschweiger-zeitung.de/braunschweig/article239151349/Regenbogenflagge-Warum-ist-Diversitaet-wichtig-Frau-Praesidentin.html
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- GTAS Stegreif 08 (pdf)
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