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Studying

Pronto o tarde, todo arde

Bachelorthese
Winter '22/23
Albert Papenhausen Fuster

Die aschfarbenen Überreste eines Waldes im Hinterland Valencias sind einer der unzähligen Schauplätze einer sich verschärfenden Klimakrise und gleichzeitig der Ort der Auseinandersetzung meiner freigestellten Bachelorthesis im Fach Architektur. Einer Disziplin, die tief verstrickt ist in akkumulierende, emittierende und extraktive Tätigkeiten. Doch ruht in ihr auch ein Transformationspotenzial, ein gesamtheitlicher Blick auf die Interdependenzen unserer Welt und daraus die Vorstellungskraft für eine bessere. Waldbrände dieses Ausmaßes liegen multiple Ursachen zu Grunde: Feuerliebende Monokulturen, Trockenheit, Unachtsamkeit, Destabilisierung des ruralen Lebens und dessen Infrastrukturen.

Zu Beginn der Arbeit galt es ein Verständnis für diese sozialen, ökologischen und politischen Geflechte zu schaffen. Der einleitende Film dokumentiert diesen Prozess und gelangt im Gespräch mit lokalen Akteur*innen zur Erkenntnis, dass bereits Geschichten und Vorstellung nachhaltiger und klimagerechter Lebensweisen existieren, derer es bedarf, sie weiterzuerzählen.

Der Entwurf ist eine solche Erzählung. Unmittelbar im Brandgebiet, hinter den Mauern eines ehemaligen, maurischen Gehöfts, wird aus den lokal verfügbaren Materialien, wie Lesesteinen, Pfahlrohr und dem verbrannten Holz, eine offene, Struktur mitsamt der notwendigen Infrastruktur errichtet. Bereits die Baustelle ist durch die Einbeziehung der Bewohner*innen ein partizipativer Lernort. Der Raum bildet, die Grundlage für botanische, archäologische und soziale Experimente zur Landschaftsregeneration, um an einer resilienteren Lebensweise in Zeiten der Klimakrise mitzuwirken.

RÜCKKEHR

Nach den Waldbränden beschließt Gruppe junger Absolvent*innen der Universitäten von Barcelona und Valencia, in ihre Heimattäler zurückzukehren und sich dort niederzulassen. Sie wollen dazu beitragen, diese lange Zeit vernachlässigte ländliche Landschaft zu regenerieren, indem sie den Schwerpunkt von der betroffenen Tourismusbranche auf ein nachhaltiges und engagiertes Wirtschaftsmodell verlagern.

AKTIVIERUNG

Nach den Waldbränden im August 2022 engagieren sie sich in der lokalen Politik und beantragen finanzielle Unterstützung für ein Projekt, das parallel zu regionalen und nationalen Projekten zum Schutz und zur Regenerierung des verbrannten Waldgebietes beitragen könnte.

ZIELE

Mit dem Projekt möchte die Gruppe die Bewohner*innen der Täler bei der Überwindung des Brandtraumas begleiten, indem sie sich aktiv um das verbrannte Gebiet kümmern, es durch Bildungsaktivitäten aufwerten, lokales Wissen weitergeben und mit dem was vor Ort vorhanden ist experimentieren: Schilf, Steine und verbranntes Holz.

TEILHABE

Nachdem die Gruppe schnell eine Finanzierung erhält, schlägt sie eine partizipative Baustelle vor, bei der sich die Bewohner*innen der Täler, der Region Valencia und darüber hinaus an der Regeneration der sozio-ökologischen Landschaft beteiligen können.

AG ARCHITEKTUR

Die AG Architektur schlägt vor, gemeinsam aus lokalen Materialien eine leicht zu errichtende und wieder demontierbare Struktur zu bauen - unter einem abgespannten Dach, ähnlich einer Pergola, schaffen sie kleine Nischen für Funktionsräume, ein kleines Lager, eine Küche, ein Bad.

OFFENHEIT

Die Struktur ist nicht endgültig und kann im Laufe der Zeit verändert, vergrößert oder verkleinert werden, neue Funktionen erhalten oder an andere Standorte verlegt werden. Sie wird in unmittelbarer Nähe des abgebrannten Gebietes errichtet: So können nicht nur die Verwüstungen, sondern auch die Regenerationsbemühungen anderer nichtmenschlicher Spezies aus nächster Nähe beobachtet werden.

LERNORT BAUSTELLE

Die Baustelle ist als Lernort konzipiert: Die Freiwilligen, die am Projekt teilnehmen, lernen gemeinsam mit Einheimischen, Studierenden und Handwerker*innen traditionelle Bautechniken und die Herstellung von Baumaterialien aus Pflanzen und Mineralien vor Ort kennen und wenden das erworbene Wissen direkt auf der Baustelle an. Das mobile Sägewerk, das das verbrannte Holz zu Bohlen oder Stützen verarbeitet. Die Baustelle ist eine Schule der Klimaintelligenz.

GASTGEBER LEERSTAND

Durch die enge Zusammenarbeit mit den umliegenden Ortschaften, in denen durch die anhaltende Entvölkerung viel Platz vorhanden ist, können die Beteiligten untergebracht werden.

EXPERIMENTE

Sobald die grundlegende Infrastruktur vorhanden ist, können die Beteiligte unter Anleitung von lokalen Handwerker*innen und derAG Architektur, unterstützt von transdisziplinären Expert*innen aus Botanik, Philosophie, Archäologie und Design, mit kleinen Stützkonstruktionen zur Landschaftsregeneration in verschiedenen Maßstäben und mit unterschiedlichen Zielsetzungen experimentieren.

STÜTZKONSTRUKTIONEN

Ein Steinhügel bietet Kleintieren eine Erfrischung, eine Treppe ermöglicht Touristen den Zugang zu archäologischen Überresten aus der maurischen Epoche und dem Baldachin, der sie schützt, ein botanischer Pfad ermöglicht Spaziergängern zu beobachten und zu lernen, wie Pflanzen dem Feuer widerstehen, ... Die für diese Interventionen verwendeten Materialien entstehen aus dem Experimentieren mit den erlernten Techniken.

BAUSTELLE DER BEGEGNUNG

Die Bewohner*innen der Täler haben endlich einen Ort, an dem sie ihr Wissen, ihre Gedanken und Sorgen über die Landschaft austauschen können. Die Kinder der örtlichen Schule besuchen regelmäßig die Baustelle und beteiligen sich an den Arbeiten, indem sie den Freiwilligen aus der Stadt die Namen von Pflanzen und Insekten beibringen. Der lokale Radiosender dokumentiert den Fortschritt des Projekts und sorgt für die musikalische Untermalung der Abende.

VERSTETIGUNG

Zwölf Monate sind vergangen und das Projekt hat sich in der Region etabliert. Ein regelmäßiges Veranstaltungsprogramm richtet sich an die lokale Bevölkerung und interessierte Besucher*innen, in der umliegenden Landschaft kann man die kleinen Veränderungen beobachten, die das Projekt bewirkt hat. Das Projektteam tauscht sich mit anderen regenerativen Initiativen Europaweit aus und diskutiert Möglichkeiten der weiteren Vernetzung.

AUSSAAT

Gemeinsam mit engagierten Bewohner*innen und anderen Nutzer*innen beschließt das Projektteam, die Wirkung dieses vielversprechenden Projekts weiter zu tragen: Ein Teil der Infrastruktur wird abgebaut, um an anderer Stelle in einem anderen abgebrannten Gebiet wieder aufgebaut zu werden, als Samen einer neuen kollaborativen, sozio-ökologischen Aktion zur Landschaftsregeneration. Ein zweiter Teil wird als Ausstellung zur Klimaintelligenz durch die spanischen Städte wandern und die Geschichte weitererzählen. Schließlich wird ein Teil weiterhin das Programm für Veranstaltungen und Treffen der Talbewohner*innen beherbergen und als Unterstützung für die Weitergabe des historischen Gedächtnisses der Region dienen.